MINNA VON BARNHELM (Bearbeitung: Ronald Richter)
Frankfurter Rundschau
Die Umwandlung von Lessings teilweise ironisch gemeintem Soldatenglück in ein Vereinigungsglück entfaltet eine dynamische Komik der Umwertungen. Das hat, mit dem Wirt als fugenlos zwischen den Systemen wechselndem Spitzel (Michael Prelle) und Tellheims Burschen Just als brechtschem Matti mit dem Hang zum Suff (Laufenberg übernahm kurzfristig und überzeugend die Partie von einem erkranktem Schauspieler) viel Witz: weil die Bedeutungen der Vorlage hinter den neuen Kleidern so deutlich hervorschimmern, wie die alte Wanzenleitung in dem gerade frisch renovierten und mit einem Bild des Kanzlers Kohl geschmückten Hotel in Berlin -Mitte (Bühne:Tobias Hoheisel)
Der Aufeinanderprall inkompatibler Partikel führt nicht zum Vereinigungsglück, er setzt sich in Laufenbergs mit viel witzigen Details aufwartender Regie (eine Glanznummer der am neuen Chip-Schlüssel-System scheiternde Hotelgast) als befremdlicher Gegensinn fest. Das Happy-End, wenn Bundesverteidigungsminister Stoltenberg brieflich- mit schönem Gruß von Dr. Helmut Kohl- den abgewickelten Offizier gnädig in Bundeswehrdienste übernimmt, gewinnt allerdings die Qualität schieren Hohns. Solches Vereinigungsglück dürfte wenige reale Tellheims ereilt haben. Die anderen suchten ihr Recht und fanden einen gnadenlosen Rechtsstaat.