Warten auf Godot

Komponist/Autor
Samuel Beckett
Inszenierung
Uwe Eric Laufenberg
Bühne
Rolf Glittenberg
Kostüme
Marianne Glittenberg
Mit
Estragon | Bill Weiser - Wladimir | Uwe Eric Laufenberg - Lucky | Atef Vogel - Pozzo | Christian Klischat
Termine

6. Juni 2020 - Premiere
12., 18., 27. Juni 2020
5. Juli 2020

Weitere Informationen und aktuelle Besetzungen unter www.staatstheater-wiesbaden.de

Rezensionen
08.06.2020

Komm, wir gehen. Wir können nicht - Theater zur Stunde: Das Staatstheater Wiesbaden schließt seine Beckett-Trilogie ab
Schauspiele von Samuel Beckett passen sich in die Gegenwart atmosphärisch und praktisch ausgezeichnet ein: Hier die unbehaglichen Situationen und Konstellationen, bei denen nicht immer eindeutig wird, ob das Schlimmste vorüber ist oder noch kommt, das Unheimliche und das Unvertraute, das aber auch wieder rasch zur Gewohnheit wird. Dort ein übersichtliches Bühnenpersonal, das nicht gerade übereinander herfällt. Die eine sitzt in einem Erdhügel fest, die anderen stecken in Mülltonnen. Und in „Warten auf Godot“ wurden die aktuellen Abstandsregeln spaßig in die Handlung aufgenommen und machten sich da gut. Es ist eben alles unbegreiflich. [...]
Das Projekt, inszeniert von Intendant Uwe Eric Laufenberg, verfehlte seine Wirkung nicht: gegenwärtig vor allem als Spiegel einer bedrängenden und zugleich vereinzelnden Lage, eines familiären Aufeinanderhockens, eines Nicht-Wegkommens, einer ausgedehnten Warterei. [...]
„Warten auf Godot“ wäre in der Mitte vielleicht wie eine Art Zwischenspiel gewesen, relativ aktionsreich – man vertritt sich beim Warten sozusagen die Beine – und komödiantisch. Hier sprang nun Laufenberg, der ja Schauspieler ist, selbst als Wladimir ein. Zwischen Textheft und dem verständlicherweise lautstark hereinrufenden Dramaturgen bahnte er sich seinen Weg, sang und tanzte.

08.06.2020

Glückliche Tage | Endspiel | Warten auf Godot – Staatstheater Wiesbaden – Uwe Eric Laufenberg startet ins Postcorona-Theater mit Beckett
[...] Das Entgrenzte, das dieser Beckett-Trilogie sonst abgeht, hier geht es unverhofft herrlich auf. Estragon kichert, Wladimir schwadroniert und momentelang weiß niemand, ob das jetzt Beckett oder spielerischer Übermut ist. Die unvermeidlichen Scherze auf Kosten der Corona-Krise verschmerzen sich so. Für den Seitenhieb auf den Sicherheitsabstand müsste aber bitte trotzdem rasch ein Bühnenverbot her.
Von einer Neudeutung zu sprechen, wäre zu viel gesagt, doch Becketts existenziellen Sätze tönen heute natürlich anders, schärfer, jetzt, da im so genannten richtigen Leben allenthalben vom Tod die Rede ist. Obendrein erweist es sich als Gewinn, die drei Stücke hintereinander zu sehen und damit auch ihre Parallelen. Etwa das Motiv des Selbstmords, das in allen drei Stücken als möglicher Ausweg aufscheint. Oder das Vorangehen, das bei Beckett immer auch ein zu Ende gehen meint, überhaupt sein fortschreitender Stillstand. Allen voraus auch seine traurig tollen Paare, denen ihre Langzeitbeziehung absurd wahre Dialoge diktiert. Das alles lässt sich in Wiesbaden bequem wiederentdecken.
Wer aber meint, Becketts Stücke spiegelten den Ausnahmezustand, versteht sie miss. In Wirklichkeit spiegeln sie das ganz normale Leben, Krisenmodus hin oder her.

08.06.2020

Das ganze Leben als endloses Warten - Premieren-Marathon von drei Becket-Stücken in Wiesbaden - mit einem Intendanten und Regisseur, der selbst auf der Bühne mit einspringt.
[...] Aber wenige Vorstellungen von Becketts bekanntestem Stück dürften so ungewöhnlich gewesen sein, wie die Premiere am Samstag im Staatstheater Wiesbaden: Für den zwei Tage zuvor erkrankten Michael Birnbaum sprang der Regisseur der drei Stücke ein, Intendant Uwe Eric Laufenberg. Gut, dass er auch gelernter Schauspieler ist.
Ursprünglich war „Godot“ bereits für den Freitag angesetzt worden – nach „Glückliche Tage“ am Donnerstag. Als abschließender Teil drei der Beckett-Trilogie war für Samstag „Endspiel“ geplant. „Godot“ und „Endspiel“ tauschten die Plätze. Da Birnbaum aber weiter ausfiel, ermöglichte das Laufenberg auch, einen Tag länger dessen Rolle zu lernen. Er gab einen jovialen Wladimir mit Textbuch in der ausgebeulten Manteltasche und launigen Bemerkungen zum Souffleur, der immer auf Höhe des Stückes war. So stiefelte der Intendant mal improvisierend, dann wieder textsicher über die angeschrägte Bühne (Rolf Glittenberg) mit dem windschiefen Bäumchen und lieferte sich mit Estragon (aus der ausgezeichneten Sybille Weiser wird laut Programmheft „Bill“ Weiser) das absurde Scharmützel, das dieses Stück zur Redewendung gemacht hat: das ganze Leben als endloses Warten. [...]
Für das Staatstheater ein Kraftakt, diese drei Premieren des eigenen kleinen Corona-Spielplans direkt hintereinander abzuliefern. Für das Publikum lohnt er sich: Diese Beckett-Trilogie bietet einen klugen Überblick über sein Schaffen, das sich plötzlich als sehr aktuell empfiehlt. Das erschreckende Stehenbleiben der Zeit, das wir alle in den vergangenen Wochen erlebt haben, findet hier auf der Bühne seinen Widerhall. Becketts Konstrukte von Chaos und Kontrolle, enttäuschten Erwartungen und Erinnerungslücken und seine versehrten Figurenpaare, die nicht mit und nicht ohne einander können – all das führen die drei Stücke stimmig zusammen.