AMADEUS, Potsdam

Schloßtheater im Neuen Palais
Komponist/Autor
Peter Shaffer
Inszenierung
Petra Luisa Meyer
Bühne
Matthias Schaller
Kostüme
Jessica Karge
Mit
Licht: Thomas Schellenberger
Dramaturgie: Michael Philipps
Musik: Christian Deichstätter

Adina Vetter, Tobias Rott, Uwe Eric Laufenberg, Christian Klischat, Philipp Mauritz, Henrik Schubert, Hans Jochen Röhrig, Joachim Schönitz, Katrina Kumpane, Gabriele Näther, Helmut G. Fritzsch
Termine
Rezensionen
23.10.2005

Schon der erste Blick ist verblüffend. Als Zuschauer sitzt man in dieser kostbaren Bonbonniere des Schlosstheaters. Und was sieht man auf der Bühne? Nichts mit Wiener Hof und Mozartzeit. Man sieht da noch einmal nachgebaut das Foyer mit Garderobe und Buffet und Feuerlöscher, wie man es eben gerade erlebt hat, als man den Mantel abgegeben und ein Salamivollkornbrot mit Rotkäppchen genossen hat. Salieris Inszenierung seiner Geschichte entsteht sozusagen unmittelbar im Theater selbst, mit ein paar halbfertigen Kostümen und Perücken, wie aus dem Fundus zusammengegrapscht. Und irgendwie könnte das auch ein kleines Irrenhaus sein, in dem der Hofkompositeur (er fiel ja zwei Jahre vor seinem Tode in geistige Umnachtung) sich erinnert, wie er seinen Pakt mit dem Herrgott schloss, er wollte gut und tugendhaft sein und dafür ein großer Komponist werden, und wie dann dieser unmögliche junge Wolfgang Amadeus zur Zauberflöte Gottes wurde, und er, Salieri, als einziger dazu geradezu verurteilt war, dessen Genie zu erkennen.
Wir sehen hier nicht den Kriminalreißer, kein Kostüm- und Effektstück. Die Geschichte wird nicht nur im einfachen, sondern gleichsam im doppelten Rahmen gesehen. Sie ist Zitat und Beschwörung. Salieri selbst erzählt sie aus zweifacher Distanz. Uwe Eric Laufenberg, der hier wie damals Gobert in dieser Rolle erstmals in seiner Intendanz als Schauspieler auftritt, trägt nicht mascarponedick auf. Er steckt nicht in Maske und Kostüm. Er zeigt weniger den verfressenen Intriganten als den Leidenden, den Verzweifelten in diesem Drama von Mittelmaß und Genie, der mit seinem Vertragspartner im Himmel hadert. Er wahrt die Distanz zur Rolle, er greift mal zum Mikrofon, er sitzt mal im Publikum als Beobachter und wird schließlich ein tragischer Schutzpatron der Mittelmäßigen.(...)
Und die Aufführung hat einen verrückten Mozart, wie er so nun wirklich nicht im Genielexikon steht. Tobias Rott spielt diesen Schweinigel. Er gackert sich halb tot zum Entsetzen der Hofschranzen, er kräht vulgär, was das Zeug hält und geht seiner Konstanze kräftig an die Wäsche. Man merkte gestern Abend beim Beifall einmal mehr, wie es Laufenberg gelungen ist, Potsdam wieder Lust und Appetit auf Theater zu machen.

23.05.2005

Petra Luisa Meyer, die nach dem Solo für Rita Feldmeier „Welche Droge passt zu mir?“ nun zum zweiten Mal am Hans Otto Theater Regie führt, hat neben der Leichtigkeit des Stücks des Engländers Peter Shaffer aus dem Jahre 1979 den menschlich-tragischen Aspekt nicht außer Acht gelassen. Es erzählt von der Mär des einflussreichen Hofkompositeurs Salieri, er habe Mozart persönlich vergiftet. Das Stück könnte auch Salieri heißen, denn dieser steht im Zentrum der Geschichte. Er ist einer der wenigen zu seiner Zeit, die das Genie Mozarts erkannt haben und daher auch die eigene Mittelmäßigkeit. Unerträglich wird ihm darum die Diskrepanz zwischen Mozarts scheinbar infantilem Verhalten und seiner göttlichen Musik. Uwe-Eric Laufenberg spielt den Salieri als einen glatten Menschen, der seinen Einfluss bei Hofe genießt, seine Überlegenheit gegenüber den jüngeren Mozart zur Schau stellt, das Intrigenhafte seines Wesens geschickt verbergen kann und seinen Hader mit Gott in verzweifelte Ausbrüche münden lässt. Das wird von Laufenberg mit expressivem Spiel ausdrucksstark beleuchtet.
Nicht anders Tobias Rott, der den Mozart so spielt, wie Salieri ihn charakterisiert, als einen kichernden, aufgeblasenen, infantilen jungen Mann, der „Scheiße im Maule führt“. Doch Rott weiß auch den liebenden, verzweifelten, den von Nerven zerrütteten Mozart zu geben.