CLAVIGO
Frankfurter Rundschau
Nun beginnt, mit viel Detailreichtum inszeniert, eine wahre Abenteuerreise. Und kein Gefühl der Inadäquirtheit, der Altmodischkeit kommt auf. Laufenberg schafft es, trotz der irritierenden arabischen Einschübe, Goethe unbeschadet und gedrängt in eine Theaterform von heute zu zwingen. Damit ist dem Stück ein verblüffender und zugleich entschiedenerer Zugriff gesichert, als ihn zuletzt Haußmann am Berliner Schillertheater oder Amelie Niermeyer im Dortmunder Schauspiel wagten. Laufenbergs Kunstgriff der Umfunktionierung von Franzosen des Ancien regime zu modernen Orientalen bringt Goethes Trauerspiel eine Qualität ein, die wohl zuletzt Fritz Kortner 1970 im Deutschen Schauspielhaus Hamburg bruchlos in Theater umgesetzt hatte: Ernstnahme.
Express
Goethes "Clavigo" hat mehr als 200 Jahre auf dem Buckel. Doch in Uwe Eric Laufenbergs grandioser Inszenierung in der Ehrenfelder Probebühne des Kölner Schauspiels ist von Verstaubtheit nichts zu spüren. Im Gegenteil :zeitlos und kompakt die Erzählung, ein Märchen aus 1001 Nacht- ohne Happy End. Laufenbergs Regiecoup: das Mädchen Marie ist eine Marokkanerin von heute- und die Menschen sprechen nicht deutsch, sondern arabisch. Gegenwart statt Geschichte: Die fragile Karina Fallenstein als marokkanische Marie schwärmt mit Sinead O ´Connor: Nothing compares to You. Wenn sich im Finale das Eingangstor zur Stammstraße mit ihren Gyrosbuden und Kebab-Kneipen öffnet, verwischen die Grenzen zwischen Theater und Alltag vollends. Begeisterter Schlußapplaus für das Team um Laufenberg, der Köln Richtung Zürich verlässt. Sein "Clavigo" ist ein beeindruckendes Abschiedsgeschenk.