DIE VERKAUFTE BRAUT
Süddeutsche Zeitung
Als der Vorhang aufging und den Blick in eine abgefuckte Ost- Turnhalle freigab, grantelte jemand in der Reihe hinter uns: "Derfn`s denn das?" Die gleiche Frage soll Ferdinand der I., seines kindlichen Gemüts wegen "der Gütige" genannt und dennoch Kaiser von Österreich sowie König von Ungarn, im Jahre 1848 den Überbringern der Nachricht von den Märzrevolutionen entgegengehalten haben. Seitdem hat diese Frage in Wien Tradition- merkwürdigerweise weniger in der Politik als in der Kunst. Geradezu wütend und fast schon regelmäßig wurde sie an Dominique Mentha während dessen Direktionszeit an der Wiener Volksoper gestellt. Menthas Nachfolger an Wiens zweitem Opernhaus, Rudolf Berger, hatte erstmals vor einem Jahr bei Stefan Merheims provokanter Exegese von Puccinis "Madame Butterfly" sich mit dieser Fragestellung, die ja immer ein klares "Nein" von Seiten des Fragestellers suggeriert, damit zu tun. Und nun erneut, als Potsdams Intendant Uwe Eric Laufenberg als Regisseur sich vermeintlich an Friedrich Smetanas "Verkaufter Braut" verging. Dürfen die denn Smetanas Oper so einfach aus Böhmens Hain und Flur entführen und in einen schäbigen Turn- und Gemeindesaal deponieren? "Derfn`s denn das?"- wo doch aus dem Graben schmissig und süffig und sentimental Smetanas schöne Musi` tönt? Auch wenn Marc Pillet und das Orchester der Volksoper manchmal allzu kräftig hinlangen?Trotz allem böhmischen Tschingdarassa und Tararabumdiäh und den Momenten Schwejkschen Humors ist dieses Stück im Kern ziemlich böse, wenn man bedenkt, wie darin mit Menschen umgesprungen wird.
Kurier
Man muss nicht mit allem einverstanden sein, was die Volksoper diesmal auf die Bühne bringt. Aber in der Summe handelt es sich bei Smetanas "Die verkaufte Braut" um eine der humorvollsten und kurzweiligsten Produktionen, die man seit einiger Zeit im Haus am Gürtel sehen konnte. Wofür es einige Ursachen gibt...Ein weiterer Grund, der dem Haus (auch neues) Publikum bescheren sollte, ist die Regie: Uwe Eric Laufenberg verlegt die Handlung in die Zeit vor dem Fall des Eisernen Vorhanges, was eine Möglichkeit ist und garantiert weniger banal, als es eine auf Trachten reduzierte historische Volkstanzdarstellung wäre. Die schöne Marie ist die Tochter eines Schulwart- Ehepaars, der Großteil der Handlung spielt in einer Turnhalle, die immer wieder in einen Festsaal verwandelt wird. Auch das soll ja in Gemeinden vorkommen.An der Wand sieht man Bilder von Politikern. Bei der Austattung stimmt jedes Detail, Ostblock- Mief wäre ein furchtbares Schimpfwort dafür. Die Inszenierung ist musikalisch, fast alles erklärt sich aus dem Libretto. Wenn mit Gummipuppen geworfen wird, ist das keine Provokation, sondern nur ein Indiz, welche Art von Frauen man denn wirklich für immer kaufen könne..Die Personenführung ist gelungen, allen voran jene des heiratsvermittlers Kezal. Wie er ein Heiratsvideo von Wenzel vorspielt, erinnert an "Liebesgeschichten und Heiratssachen" Die Zirkusszene rund um den direktor heinz Zednik, mit Messerwerfern, Feuerschluckern, echten Ziegen und falschem Bär, ist artistisch professionell ohne zu protzen...Viel Applaus und nur ein paar schüchterne Buhs
Falter
So viele Buhs wie für Uwe Eric Laufenbergs Neuinszenierung der "Verkauften Braut" von Bedrich Smetana gab`s an der Volksoper schon länger nicht mehr. Kein schlechtes Zeichen, denn der Protest richtete sich gegen Versuche, das zwischen Bauernoper und Volksoperette angesiedelte Stück (1866) nicht ganz so traditionell auf die Bühne zu bringen wie es seine Folkoreseligkeit nahe legen könnte...Dafür punktet die Inszenierung mit den komödiantischen Leistungen der sanglich zumindest tadellosen Solisten Kristine Kaiser, Michael König, Dietmar Kerschbaum und Bjarni Kristinsson. Davon wird im Repertoire wohl nur wenig übrigbleiben. Also lieber bald anschaun.
Wiener Zeitung
Regisseur Uwe Eric Laufenberg verlegte die tschechische Volksoper rund um eine Hochzeit mit Hindernissen in die Zeit des Ostblocks. Unter dieser Prämisse ist das Bühnenbild (Christoph Schubiger) durchaus gelungen, das eine der weit verbreiteten provinziellen Mehrzweckhallen darstellt. Das Bestreben, einen modernen Zugang zur Thematik zu schaffen, wirkt trotzdem ein wenig verkrampft. Denn wenn Laufenberg auf das alte Motiv Geld oder Liebe hinaus will, so arbeitet er an der Grenze zur Themaverfehlung. Der Brautverkauf erfolgt ja lediglich im Wissen um den späteren Wiedererhalt. So hätte man es bei dem Stück durchaus bei einer klassischen Aufführung belassen und den ränkeschmiedendenHeiratsvermittler ins Zentrum rücken können. Einen echten Durchbruch bildet jedoch das veritable Zirkusensemble: Da wird jongliert, Messer geworfen und Feuer geschluckt, was das Zeug hält. Eine Tasache, die dem Stück Leben einhauchte und der Realität ein Stück näher brachte.
Österreichische Musikzeitschrift
Smetanas Verkaufte Braut ist nach zehnjähriger Pause endlich wieder zurückgekehrt : ein unverzichtbarer Eckpfeiler des Spielpans für jede Volksoper, die ihrem Namen gerecht werden will! Zielbewußt baut DirektorBerger das spezifische Repertoire des Hauses aus, nimmt Bedacht auf die Struktur seines Publikums...Diesmal war es Uwe Eric Laufenberg, Direktor in Potsdam, der sich als genauer Arbeiter erwies; die Charaktere der einzelnen Figuren und ihre Beziehung zueinander hatte er minuziös durchgeformt, auch den Chor lebendig geführt und ihn in den schwungvollen Tanzszenen( Choreographie: Matyas Jurkovits) geschickt mit dem hauseigenen Ballett verwoben..
, Juni 2005