Die Zauberflöte

Komponist/Autor
Wolfgang Amadeus Mozart
Inszenierung
Uwe Eric Laufenberg
Musikalische Leitung
Konrad Junghänel
Bühne
Rolf Glittenberg
Kostüme
Marianne Glittenberg
Orchester
Hessisches Staatsorchester Wiesbaden
Chor
Chor des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden
Mit
Sarastro | Young Doo Park * Tamino | Kai Kluge * Königin der Nacht | Beate Ritter * Pamina | Anastasiya Taratorkina * Papageno | Johannes Martin Kränzle * Papagena | Lena Haselmann * Monostatos | Charles M. Anderson * Erste Dame | Vera Ivanovic * Zweite Dame | Fleuranne Brockway * Dritte Dame | Romina Boscolo * Sprecher / Zweiter Geharnischter / Zweiter Priester | KS Thomas de Vries * Erster Geharnischter / Erster Priester | Ralf Rachbauer * Drei Knaben | Limburger Domsingknaben
Termine

3. Dezember 2023 - Premiere
6. / 21. / 30. Dezember 2023
6. / 12. / 14. Januar 2024
2. / 24. / 28. Februar 2024
24. März 2024
7. / 14. April 2024
21. / 29. Juni 2024

Rezensionen
04.12.2023

(...) Sind ihre [die Oper] freimaurerischen Ideen noch zeitgemäß und kann das Textbuch von Schickaneder (1751-1812) heute noch jemanden hinter dem Ofen hervorlocken? Nicht von ungefähr gehört dieses Werk gegenwärtig vor allem in die Weihnachts- oder Osterzeit, also in die Zeiten des verstärkten Konsums und der Feierlaune.
Und doch ist sie so aktuell und zeitlos, wie kaum ein anderes Werk dieses Genres. Uwe Eric Laufenberg, der scheidende Intendant des Wiesbadener Staatstheaters, hat mit seinem Team eine wahrhaft goldrichtige und mit politischen Allusionen versehene Inszenierung hingezaubert, die den vollen Respekt verdient.
[...] Wunderbare Musik der Freude und Gelöstheit
Gleich zu Beginn eröffnen drei (!) Akkorde die Ouvertüre und führen bereits jetzt schon mit großer Verve den inneren Kampf der Menschen vor. Nach anfänglichem Zögern gelingt es dem kleinen aber feinen Orchester des Staatstheaters, unter der Leitung von Konrad Junghänel, ins wilde musikalische Geschehen einzusteigen und der wunderbaren Mozartischen Musik Freude, Leichtigkeit und Gelöstheit einzuhauchen.
Die Bühne (Rolf Glittenberg) zeigt sich als schlichtes romanisches Bauwerk und alle Akteure erscheinen in ihren ganz spezifischen, individuellen Kostümen (Marianne Glittenberg), mal geckig und absurd, wie bei Papageno und Papagena, mal in erhabenem Schwarz-weiß, wie bei den Priestern und Sarastro; märchenhaft in weißem Tüll, wie bei Tamina, oder gar im kecken Outfit der 1920er Jahre, wie bei den drei Damen, der Königin der Nacht sowie den drei Knaben. Sehr einfallsreich und thematisch wohl durchdacht.
[...] Menschlich Allzu Menschliches
Der Regie gelingt es fabelhaft, diese Kontraste wunderbar zu vermischen und das Edle wie das Natürliche zu seinem Recht kommen zu lassen. Sicher gehört das freimaurerische Ideal zum Knackpunkt dieser Oper, aber das Menschliche, allzu Menschliche kommt hier auch zu seinem Recht.
Und wie. Hier ist vor allem der Bariton Johannes Martin Kränzle als Papageno hervorzuheben. Er bewies sich nicht nur als ausgezeichneter Sänger, sondern auch als versierter Schauspieler. Seine Einlagen gehörten zum Besten und Humorvollsten dieses Abends, nein, sein Part war einfach Weltklasse und hätte in jeder anderen Inszenierung einen besonderen Rang eingenommen. Er spielte den Durchschnittsbürger wie Du und Ich, ohne Häme und Herablassung. Einfach wie man ihn im Alltag erlebt. Leben und Leben lassen.
[...] Eine wirklich gelungene Inszenierung mit ganz neuen unorthodoxen Aspekten und Anspielungen und einem würdigen Abgang des sehr verdienten und leider viel zu früh das Wiesbadener Terrain verlassenden Intendanten Eric Uwe Laufenberg.

06.12.2023

Sarastros Salbadern
Johannes Martin Kränzle als Papageno und ein stimmlich ausgezeichnetes Team in den Hauptpartien machen für die Neuproduktion der „Zauberflöte“ im Staatstheater Wiesbaden fast die halbe Miete aus. Kränzle singt seine Paraderolle, die er schon an der Oper Frankfurt oft gespielt hat, erstmals mit seiner Frau Lena Haselmann als Papagena. [...]
Das Einheitsbühnenbild von Rolf Glittenberg zeigt so beidseitig Säulengänge und im Hintergrund ein weißes klassizistisches Portal, das sofort als Entree zu Sarastros Tempel erkennbar ist und im offenen Zentrum Tiefenwirkungen und Videoprojektionen ermöglicht, so etwa zur Feuer- und Wasserprobe. Zwei im Wechsel mittig herablassbare und nicht ganz bühnenfüllende Kulissenwände mit einer exotischen Waldlandschaft und der Aufsicht eines Labyrinths verdeutlichen Innen- und Außenszenen der abenteuerliche Reise zur Selbsterkenntnis und können gut umspielt werden. Der im Halbkreis um den Orchestergraben laufende Steg schafft Nähe zum Publikum und zusätzliche Bewegungsmöglichkeiten, wie auch die Auf- und Abtritte durch eine vordere Saaltür für Lebendigkeit sorgen.
Die Kostüme von Marianne Glittenberg lassen alle Personen der Oper auf den ersten Blick erkennen: Die drei Damen in eleganten zeitlos-modernen Kostümen mit Hüten, die Königin der Nacht in langem schwarzen Kleid, Tamino in silbergrauem Anzug, Pamina in unschuldigem weißen Tüll, Papageno im kunterbunten Anzug mit aufgedruckten Vögeln. Dass Sarastro und seine Priester indes nicht als reine Lichtgestalten erscheinen und ihre Gewänder halb schwarz und halb weiß sind, spiegelt die seit Jahrzehnten etabliert kritische Sicht auf die selbstherrliche und nur mit grausamen Prüfungen aufwartende Männergesellschaft. [...]
Für Fluss konnten die Sängerinnen und Sänger sorgen. Locker und mühelos gelingt das mit perfekt laufenden Koloraturen Beate Ritter als Königin der Nacht. Für deren Tochter Pamina ist Anastasiya Taratorkina dazu stimmlich eine Idealbesetzung mit allem lyrischem Sentiment und feinem Piano in der Höhe. Als Tamino bringt Kai Kluge außerdem einen genregerechten Tenor mit passender Strahlkraft ein.

06.12.2023

Ein bisschen Frieden für alle - Letzte Werke des Intendanten: Uwe Eric Laufenberg inszeniert am Staatstheater Wiesbaden Mozarts „Zauberflöte“
[...] Der Weg ins Licht der Aufklärung, der auch in Videos von Gérard Naziri in Szene gesetzt wird, führt das Opern-Personal auch über einen Laufsteg vor dem Orchestergraben: Drei Damen mit eleganten Hüten begegnen einer nächtlichen Königin in großer Robe, einem Papageno im Papageien-Pyjama, einer Papagena in einem gelben Kostüm-Gedicht und Pamina in einem weißen Traum aus Tüll. Und für die Ohren gibt es aus dem Orchestergraben unter Konrad Junghänels kontrastreichem, fein akzentuierten Dirigat die spannendere Erzählung. [...]
Eine reine Freude ist Anastasiya Taratorkinas vokale Bestätigung einer starken und stark fühlenden Pamina, die in Kai Kluges Tamino einen idealen Partner findet. Kraft und Schmelz in seiner Bildnisarie. [...]

04.12.2023

UWE ERIC LAUFENBERG führt selbst Regie und zeigt die große Oper unverstaubt und trotzdem klassisch ganz nah am Libretto. Nichts wird zurechtgebogen, fast alle Dialoge werden gesprochen, ohne dass das Werk zu langatmig wirkt.
Mit klarer szenischer Sprache zeigt er – unerschrocken von der heutigen Cancel-Kultur – die für unser heutiges Verständnis bitteren, in der Entstehungszeit herrschenden Ansichten über das Verhältnis Mann/ Frau, Herrscher/ Sklave und Europäer/ Afrikaner.
Aber Laufenbergs Regie geht es vor allem um die die humanistischen Ideale von Liebe, einer besseren Welt und gegenseitiger Versöhnung. Immer wieder werden Freund und Feind zusammen auf die Bühne gebracht, wie Feuer und Wasser, um dennoch zu einem großen Ganzen zu gehören.
ROLF und MARIANNE GLITTENBERG sind dabei erfahrende, geschmacks-sensible Ausstatter, die zum einen ästhetische, aus einem klassizistischen Grundraum entstehende Szenarien, zum anderen reizvolle, wohl proportionierte Kostüme gestalten. Mit den nicht übertrieben eingesetzten Videosequenzen (Gerard Nazri) und dem hervorragenden Licht ( ANDREAS FRANK) ergibt das alles ein gelungenes Miteinander, in dem sich die Figuren blendend entfalten können.
Das Niveau des Sängerensembles ist erlesen erstklassig, und jeder der Protagonisten könnte auch am größten Opernhaus in seiner jeweiligen Rolle glänzen.
ANASTASIA TARATORKINA, die letzte ARD- Gesangsweittbewerbsgewinnerin, gibt ihrer Pamina einen unerschrocken, aktiven Charakter und singt in einer mühelosen Art und Phrasierungskunst, die ihresgeleichen sucht. KAI KLUGE ist ihr ein ebenbürtiger Partner als Tamino. Mit lyrischem, aber auch zum Beispiel in der Sprecherszene dramatischem Gestus klingt sein kradftvoller Tenor einnehmend und er gestaltet dazu hochmusikalisch.
Die Österreicherin BEATE RITTER ist eine Traumkönigin. Unforciert und absolut koloratursicher tönt sie vollstimmig in ihren beiden Arien und kann dabei das gefürchtete hohe F noch schwingen lassen.
Sarastro wird von YOUNG DOO PARK mit sattem, profundem Bass gesungen.
Im Zentrum der Aufführung steht der Papageno von JOHANNES MARTIN KRÄNZLE: ein sympathischer Paradespielmacher wie aus dem Bilderbuch, der mit raumfüllendem, dabei flexibel-weichem Bariton und sehr nuacierter Farbigkeit in Wort und Ton all sein Können ausspielen kann. Ihm hervorragend zu Seite steht LENA HASELMANNs Papagena. Sie spielt den Part des alten Weibes ohne krächzendem Klischee und im Duett ergänzen sich beide prächtig.
Hervorzuheben sind die drei vokal bestens abgestimmten Damen (VERA IVANOVIC, FLEURANNE BROCKWAY und ROMINA BOSCOLO) und der stimmlich und szenisch souverän gestaltende KS. THOMAS DE VRIES als Sprecher. RALF RACHBAUER als anderer Priester besitzt feinen Wortwitz. Beide sind auch die Geharnischten in der Feuer/Wasserszene. [...]
KONRAD JUNGHÄNEL hat in Wiesbaden inzwischen alle Mozart-Opern erarbeitet. Das Staatsorchester versteht seine historisierende Lesart dadurch bestens und hat in den agilen Passagen wie in der sehr schnell genommenen Ouvertüre fein-nervige Momente. Junghänels scharfe Akzentuierungen unterbrechen jedoch gelegentlich Mozarts Melodik. Insgesamt ist die musikalische Seite auch in den Ensembles fein abgestimmt und von erster Güte.
Hier bleibt zu attestieren, dass diese Zauberflöte szenisch wie vokal eine rundum gelungene und hochklassige Produktion ist, wie auch das einhellig jubelnd- bis applaudierende Publikum dies dankend empfand.